RecyclingQualitäten
Unser Credo: je komplexer, desto besser
Schlacken, Elektronikschrotte oder Filterstäube – wo viele Menschen nur Abfälle sehen, erkennt Andreas Nolte die inneren Werte. Er weiß, wo im Recycling echte Schätze liegen – und wie man sie heben kann.
An einem ganz normalen Tag erreichen bis zu 80 Lkws den Standort Lünen. Hier verarbeitet Aurubis den Löwenanteil seiner Recyclingrohstoffe. Pro Jahr summiert sich das für die ganze Aurubis-Gruppe auf rund 28.000 Lkw-Ladungen à 25 t. Etwa 30 bis 40 % der Stoffe sind einfache Kupferschrotte, der Rest besteht aus komplexen Zusammensetzungen. Und gerade Letztere nehmen stetig zu. Während diese Entwicklung Herausforderungen in der Verarbeitung mit sich bringt, bietet sie zugleich Chancen auf der Ertragsseite.
Altmetall: Made in Europe
Einen Großteil der Recyclingrohstoffe bezieht Aurubis direkt aus Europa. Dafür greift der Metallverarbeiter auf ein Netzwerk spezialisierter Unternehmen zurück, die sich auf das Sammeln, Sortieren und Aufbereiten der Rohstoffe konzentriert haben. Darüber hinaus erhält Aurubis auch Materialien direkt von seinen Industriekunden. Unser Lieferantenportfolio umfasst eine mittlere dreistellige Zahl an Unternehmen“, erklärt Nolte. „Sie alle durchlaufen unser Business Partner Screening. Denn wir kaufen nichts von jemandem, den wir nicht kennen.“
Das angelieferte Material erhalten die Lieferanten teilweise direkt vom Verbraucher. Sie beziehen es über Recyclinghöfe, kommunale Wertstoffhöfe und Schrottsammlungen. Auch Metall, das fälschlicherweise im Restmüll landet, findet seinen Weg zu Aurubis: in Form metallischer Rückstände in der Müllverbrennungsasche. Ebenso werden metallische Reststoffe und Abfallprodukte, die in Produktionsprozessen anfallen, wieder über verschiedene Recyclingwege dem Wertstoffkreislauf zugeführt. Dieser Kreislaufgedanke ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch Teil der Aurubis-Nachhaltigkeitsstrategie.
Von der Probenahme zur Produktion
Jeden Tag werden bei Aurubis Rohstoffe angeliefert, denen ihr Wert auf den ersten Blick nicht ohne Weiteres anzusehen ist. Welche Verarbeitungsschritte sie durchlaufen, ist abhängig von den jeweiligen Materialeigenschaften. Welche das sind, schaut sich zuallererst die Abteilung Probenahme des Unternehmens an. Je nach Material nehmen die Kollegen repräsentative Teilproben, die sie auf den Metallgehalt hin untersuchen, und stellen damit erst den eigentlichen Wert der Rohstoffe fest.
Allein in Lünen arbeiten rund 65 Mitarbeiter in der Probenahme. Ihre Aufgabe ist es, Rohstoffe anzunehmen, zu wiegen, zu begutachten und letztlich richtig zu analysieren beziehungsweise zu beproben. „Unser Credo: je komplexer, desto besser – denn komplex können wir besonders gut“, so Nolte. Etwa bei Speicherkarten: Während Festplatten anfangs noch so groß und schwer wie Kleiderschränke waren, haben moderne Speicherchips heute die Größe eines Fingernagels. Die winzigen Komponenten darin aus einer Kombination verschiedenster Metalle sind eine wachsende Herausforderung für die Probenahme und das spätere Recycling.
An die Probenahme schließt sich die Materialvorbereitung an. Elektronikschrotte werden beispielsweise erst einmal aufbereitet – also geschreddert und vorsortiert. Für diese Materialvorbereitung betreibt Aurubis am Standort Lünen eine spezielle Anlage. „So können wir auch Stoffe, die in größeren Mengen unseren Recyclingprozess stören, wie Aluminium oder einen Teil der Kunststoffe, direkt zu Beginn aussortieren.“ merkt Nolte an. „Wichtig ist, dass wir bereits früh im Prozess die richtige Rezeptur an Recyclingrohstoffen zusammenstellen.“
Vielfältiges Portfolio: Wir unterscheiden rund 100 Rohstoffgruppen an Recyclingmaterialien.
Von A wie Abwasserschlamm bis Z wie Zyklonstaub
Aurubis unterscheidet rund 100 Rohstoffgruppen an Recyclingmaterialien, die unterschiedlicher und komplexer kaum sein könnten. Dazu zählen Kupferschrotte verschiedener Qualitäten – vom Produktionsabfall über die Dachrinne bis hin zu Legierungsschrotten. Das Unternehmen verarbeitet Industrierückstände wie Schlacken, Blei-, Galvanik- oder Abwasserschlämme, Katalysatoren, Filterstäube, Schreddermaterialien sowie komplexe Metallkonzentrate und edelmetallhaltige Rückstände. In zunehmendem Maße werden Aurubis auch komplexe Elektronikschrotte wie Leiterplatten oder Geräteschrotte aus externen Aufbereitungsprozessen der Recyclingbranche angeboten.
Verborgene Schätze
E-Schrotte sind Viel-Stoff-Materialien – eine typische Analytik für Leiterplatten
Standortschwerpunkte
Jeder Hüttenstandort von Aurubis setzt unterschiedlich Schwerpunkte: Während in Lünen Schlämme,
Stäube oder komplexe Elektronikschrotte zerlegt und verarbeitet werden, nutzt der bulgarische
Standort Pirdop reine Kupferschrotte hauptsächlich als Kühlschrotte im Schmelz- und
Verhüttungsprozess. In der Anlage in Olen ist Altkupfer eine der drei Hauptkomponenten im
Schmelzprozess. Dagegen werden in Hamburg sowohl Elektroschrotte als auch reine Altmetalle
wiederverwertet. Auf diese Weise ist Recycling an jedem Standort ein Thema – überall ein wenig
anders.
„Dank dieses integrierten Hüttennetzwerks gewinnen wir aus vermeintlichen Abfällen wieder
Metalle wie Gold, Silber, Zinn oder Blei. In einer Tonne Handyschrott stecken beispielsweise bis
zu 300 g Gold“, weiß Nolte. „Angesichts schwindender Ressourcen und wachsender Müllberge ist
unser Know-how heute gefragter denn je. Und wir kümmern uns nicht nur um unser Hauptmetall, das
Kupfer, sondern nutzen dessen Eigenschaft als Sammler einer Vielzahl begleitender Metalle, um
insgesamt 19 Metalle und Metallverbindungen auszubringen.“
Zertifizierung auf höchstem Niveau
„Unser Multi-Metall-Recycling ist auch multizertifiziert“, so Nolte. Für Außenstehende kryptisch klingende Begriffe wie die Zertifizierung nach Entsorgungsfachbetriebeverordnung in Verbindung mit dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz oder Auditierung nach WEEELABEX/CENELEC als Aufbereiter und Endverwerter heißen im Klartext: Aurubis arbeitet zuverlässig und nach den höchsten EU-Standards – von der Annahme bis zur Produktion.
Am Standort Lünen shreddern wir komplexe Materialien wie Computertechnik. Eine Benebelungsmaschine sorgt dafür, dass entstehender Staub gebunden wird.