Brief des Vorstands

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
liebe Freunde des Unternehmens,

hinter uns liegt ein turbulentes Geschäftsjahr. Eines, in dem nicht alles rundlief, aber in dem wir dennoch wichtige Meilensteine erreicht haben. 

Zur letzten Kategorie gehört die Akquisition der Metallo-Gruppe, die aktuell noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Europäische Kommission steht. Der Zukauf ist ein wichtiger Schritt in unserer Entwicklung hin zu einem Multi-Metall-Unternehmen, da er unser Metallportfolio insbesondere bei Nickel, Zink, Zinn oder Blei stärken wird. Gleichzeitig beabsichtigen wir, mit der Integration der Metallo-Gruppe unser Recyclinggeschäft zu stärken und damit einen für uns immer wichtiger werdenden Ergebnistreiber. In unserem beigefügten Magazin zum Geschäftsbericht geben wir Ihnen einen tieferen Einblick in unsere Recyclingaktivitäten – in Herausforderungen, Chancen und Erfolge.

Neben dem Recyclinggeschäft und einem breiten Portfolio an Nichteisenmetallen haben Aurubis und Metallo noch eine wichtige Gemeinsamkeit: das Streben nach einer Produktion im Einklang mit unserer Umwelt und der Gemeinschaft, in der wir leben und arbeiten. Mit Produktionsstandorten im Herzen Europas stellen wir uns bereits den höchsten Umweltstandards weltweit und legen trotzdem die Messlatte immer noch ein Stück höher. So haben wir Ideen für neue Technologien und Verfahren, um beispielsweise Wasserstoff und erneuerbare Energien in der Produktion nutzbar zu machen, genauso wie für intelligente und langfristige Maßnahmen zur CO2-Reduktion. Und dies nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb unserer Werksgrenzen! Wir wollen unseren Beitrag zur europäischen Vision eines CO2-neutralen Kontinents leisten. Ein Kraftakt, den man nur gemeinsam realisieren kann – zusammen mit der Politik und gemeinsam mit den Partnern unserer Wertschöpfungskette.

„Wir wollen unseren Beitrag zur europäischen Vision
eines CO2-neutralen Kontinents leisten.“

Roland Harings

Das Geschäftsjahr 2018/19 hat uns zudem wieder einmal gelehrt, dass trotz sorgfältiger Vorbereitung sich die Realität manchmal anders entwickelt, als man es anfangs geplant hat. Nachdem die Europäische Kommission den Verkauf unseres Segments Flat Rolled Produkts (FRP) im Februar 2019 im ersten Anlauf untersagt hat, prüfen wir aktuell weitere strategische Optionen für eine künftige Veräußerung. 

„Die Weiterentwicklung der vorbeugenden
Instandhaltung muss unser Fokus sein.“

Dr. Thomas Bünger

Zudem sind Vorstand und Aufsichtsrat im Juni 2019 zu der Entscheidung gekommen, das interne Wachstumsprojekt Future Complex Metallurgy – kurz FCM – in seiner damaligen Form zu stoppen. Eine Entscheidung, die uns nicht leichtgefallen ist, die dennoch notwendig war. Zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass das Projekt deutlich höhere Investitionen benötigt hätte, als bis dahin geplant waren. Damit war die ursprüngliche Profitabilität von FCM nicht mehr gegeben. Mit dem Projekt wollten wir insbesondere den Durchsatz an komplexen Rohstoffen im Konzern steigern. Wir haben nun eine vollständige Dokumentation von FCM vorgenommen. Und um es an dieser Stelle ganz klar zu sagen: Der Stopp von FCM bedeutet keinen Strategiewechsel!

Was sich ebenfalls nicht wie erwartet entwickelte, war die operative Performance unserer Produktionsanlagen. Ungeplante Stillstände an drei wichtigen Standorten belasteten unser Ergebnis. Wir haben daraufhin verschiedene Initiativen und Arbeitsgruppen etabliert. Sie verfolgen nicht nur das Ziel, die Gründe für die Ausfälle zu analysieren, um inkrementelle Verbesserungen zu entwickeln. Wir gehen noch einen Schritt weiter und überdenken Instandhaltung ganzheitlich. Vorbeugende Instandhaltung muss noch mehr in unserem Fokus stehen. Daneben schauen wir uns an, ob Materialien und Design der betroffenen Anlagen noch zukunftsfähig sind. So sehen wir in dem abgelaufenen Geschäftsjahr auch eine Chance, aus den Rückschlägen zu lernen, die richtigen Schlüsse zu ziehen, um es künftig besser zu machen. 

Wenig überraschend, spiegeln sich diese Effekte in der Entwicklung unseres operativen Ergebnisses wider. Nachdem wir 2017/18 eines der besten Geschäftsjahre in der Aurubis-Historie erzielt hatten, belief sich das operative Ergebnis vor Steuern (EBT) in diesem Berichtsjahr auf 192 Mio. €. Analog zum Ergebnis entwickelte sich der operative ROCE, also die Rendite auf das eingesetzte Kapital, und erreichte zum Ende des Geschäftsjahrs 2018/19 einen Wert von 8,6 %. 

Wichtige Einflussfaktoren auf das operative Ergebnis im Geschäftsjahr 2018/19 waren die Stillstände an unseren Hüttenstandorten. Insbesondere sie führten zu einem um über 300.000 t niedrigeren Konzentratdurchsatz von 2,2 Mio. t und damit zu geringeren Einnahmen aus Schmelzlöhnen. Des Weiteren belasteten gestiegene Energiekosten und eine schwächere Nachfrage nach Strangguss- und Flachwalzprodukten, aufgrund eines Nachfragerückgangs durch die Automobilindustrie, die operative Ergebnissituation.

In die Kategorie außerordentliche Effekte fiel eine Änderung der Definition unseres operativen Ergebnisses, die wir im Berichtsjahr vornahmen. Sie führte zu einer dauerhaften Abwertung von Kupfer-Vorratsbeständen im Konzern. Ähnliches galt für eine Wertminderung auf die langfristigen Vermögenswerte des Segments FRP sowie die Aufwendungen, die im Zuge des Stopps von FCM anfielen. Gegenläufig wirkte eine Forderung gegen die Wieland-Werke AG aus dem untersagten Verkauf des Segments FRP. Die vier Effekte belasteten das operative Ergebnis in Summe mit rund 60 Mio. €. 

Gegenläufig zu den zuvor genannten Einflüssen wirkte sich ein gutes Metallmehrausbringen positiv im 4. Geschäftsquartal aus. Zudem machten wir uns die hohen Edelmetallpreise zunutze und realisierten verstärkt Edelmetallverkäufe. Wir profitierten im Berichtsjahr zudem von höheren Schwefelsäureerlösen: Denn trotz geringerer Produktionsmengen aufgrund unserer Stillstände profitierten wir von einer insgesamt guten Nachfrage mit gestiegenen Preisen im Vergleich zum letzten Geschäftsjahr. 

Auch unser bestehendes Effizienzsteigerungsprogramm leistete positive Beiträge zum operativen Ergebnis, wenngleich sich verschlechternde Marktbedingungen im Vergleich zum Basisjahr 2014/15 zu einem stärker werdenden Gegenwind führten. Aus diesem Grund werden wir 2019/20 das aktuelle Programm mit dem Fokus auf die Hebung konzernweiter Effizienzen in ein neues Programm überführen. Dieses wird den Fokus auf Kosteneinsparungen legen. Wie bisher bleibt es unser Ziel, sowohl der Inflation entgegenzuwirken als auch den Risiken schwächerer Konjunktur- und Marktbedingungen vorzubeugen. Selbstverständlich werden wir dies mit dem nötigen Augenmaß tun, um Raum für Wachstum zu lassen.

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, selbst mit einem herausfordernden Geschäftsjahr im Rücken steht die Aurubis weiterhin robust dar: Wir verfügten zum Ende des abgelaufenen Geschäftsjahrs über eine operative Eigenkapitalquote von rund 55 %, ein Netto-Finanzguthaben von rund 140 Mio. € und auch der Netto-Cashflow lag im Berichtsjahr bei guten 272 Mio. €. Wir möchten Sie weiterhin angemessen an der Unternehmensentwicklung teilhaben lassen und werden daher der Hauptversammlung vorschlagen, eine Dividende von 1,25 € je Aktie an die Aktionäre auszuschütten. Zum Stichtag 30.09.2019 entspräche dies einer attraktiven Dividendenrendite von 3,1 %. Die Ausschüttungsquote läge mit 41 % deutlich über unserer Dividendenpolitik, die eine Ausschüttung von mindestens 25 % des operativen Konzernergebnisses vorsieht. Der Vorschlag berücksichtigt zudem, dass wir unsere Aktionäre nicht mit der Anpassung unserer Definition des operativen Ergebnisses belasten wollen. 

„Mit einer Ausschüttungsquote von mehr als 40% lägen
wir deutlich oberhalb unserer Dividendenpolitik.“

Rainer Verhoeven

Sehr geehrte Damen und Herren, wir können mit dem Geschäftsverlauf im Berichtsjahr nicht zufrieden sein. Doch, um es noch einmal deutlich zu sagen, sehen wir hier auch eine Möglichkeit, uns zu verbessern. Es macht uns stolz zu erfahren, wie auch in herausfordernden Zeiten, in denen wir als Vorstand harte Entscheidungen treffen müssen, die Mitarbeiter bei Aurubis zusammenstehen. Wir treten einem schwieriger werdenden konjunkturellen Umfeld als Team entgegen und treiben den Unternehmenswandel gemeinsam voran. Für diese hohe Einsatzbereitschaft möchten wir als Vorstand an dieser Stelle allen Mitarbeitern unseren herzlichen Dank für die geleistete Arbeit ausdrücken.

Ein Teil dieser Arbeit umfasste im abgelaufenen Geschäftsjahr die weitere Umsetzung unserer Digitalstrategie. In definierten Projektteams haben wir konzernweit die Harmonisierung von Softwarelösungen, Prozessen und Vorgehensweisen vorangetrieben und wichtige Meilensteine erreicht. Wir nutzen zum Beispiel verstärkt die Möglichkeiten, die uns Sensorik und Datenauswertung heute geben, um ein noch besseres Verständnis über die Prozesse in unseren Anlagen zu erlangen. Dieses Wissen kondensieren wir in interdisziplinären Teams aus Bereichen wie Forschung & Entwicklung, Supply Chain Management und Produktion, um so letztlich die Prozesssteuerung der Anlagen weiter zu optimieren. 

Wir wollen im Geschäftsjahr 2019/20 wieder in die Erfolgsspur kommen. Mit den erfolgreich umgesetzten geplanten Wartungsstillständen in Pirdop, Lünen und Hamburg haben wir wichtige Voraussetzungen, für eine zukünftig verlässlichere Produktion unserer Anlagen geschaffen. Jedoch werden wir im Geschäftsjahr 2019/20 nicht sofort an frühere Ergebnisse anknüpfen können. Auch weil sich die Situation an unseren Beschaffungs- und Absatzmärkten eingetrübt hat und uns im Geschäftsjahr 2019/20 vor neue Herausforderungen stellt.

Auch vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen sind wir uns sicher: Mit unserem Multi-Metall-Ansatz sowie dem gezielten Ausbau des internationalen Recyclinggeschäfts haben wir die richtige Strategie, um Aurubis erfolgreich in die Zukunft zu führen. Dazu gehört auch, weiter über Zukäufe zu wachsen. Wir verfügen hierfür über ausreichend finanziellen Spielraum. Wir sind uns sicher, diesen Weg gemeinsam mit unseren Mitarbeitern umsetzen zu können. 

Wir danken all unseren Mitarbeitern, Aktionären, Kunden und Lieferanten für das anhaltende Vertrauen in unser Unternehmen. Wir freuen uns, wenn Sie Aurubis auf dem Weg in die Zukunft weiter begleiten. 

Mit freundlichen Grüßen

Roland Harings                 Dr. Thomas Bünger                 Rainer Verhoeven

 

 

Der Vorstand

Roland Harings

Vorstandsvorsitzender

Im Anschluss an das Maschinenbaustudium begann Herr Harings seine Berufstätigkeit bei der Webasto AG. Nach mehreren internationalen Einsätzen wechselte er 1995 zu Alcan, wo er verschiedene Positionen innehatte zuletzt verantwortlich für den Vertrieb Automobil in Europa. Ab 2005 leitete Herr Harings das integrierte Aluminiumwalzwerk der Novelis in der Schweiz, ab 2010 verantwortete er das weltweite Automobilgeschäft der Novelis. Vor seiner Berufung in den Vorstand der Aurubis AG war er ab 2014 Geschäftsführer/CEO der MKM Mansfelder Kupfer und Messing GmbH. 

Dr. Thomas Bünger

Vorstand Technik

Dr. Bünger studierte Nichteisen-Metallurgie. Er arbeitete zunächst als Forschungsstipendiat an der TU Bergakademie Freiberg und ab 1996 als R&D Engineer bei der Freiberger Compound Materials GmbH. 2005 wechselte Dr. Bünger zur Norddeutschen Affinerie (seit 2009 Aurubis), wo er als Produktionsingenieur in der Sekundärhütte begann, verschiedene Positionen innehatte, zuletzt Senior Vice President Operations. Er ist zudem Chairman of the Board of Directors des bulgarischen Standorts.

Rainer Verhoeven

Vorstand Finanzen

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre begann er seine Berufslaufbahn bei der heutigen thyssenkrupp AG. Dort arbeitete er zunächst in der Konzernzentrale im Bereich Finanzen und Rechnungswesen. Ab 2005 war er in verschiedenen leitenden Positionen im Ausland für thyssenkrupp tätig. Vor seinem Antritt bei Aurubis war Rainer Verhoeven Chief Financial Officer bei der thyssenkrupp Electrical Steel GmbH.