Recyclingmärkte & Markttreiber
Rohstoffquelle Recyclingmaterial
Schon heute werden fast 50 % der europäischen Kupfernachfrage durch Metallrecycling gedeckt. Und morgen? Lars Radowitz, Leiter Recycling Raw Materials, mit einem Überblick über die wichtigsten Markttreiber und zu der Frage, warum Recycling die Zukunft ist.
Mehr Metalle für eine moderne Welt
Waren es früher die G8-Nationen, die sich zu den Herausforderungen der Weltwirtschaft austauschten, so sitzen heute mit den G20 viel heterogenere Spieler am Tisch. Eine weitere Industrialisierung ist das Hauptziel vieler aufstrebender Entwicklungsländer. Sie versprechen sich Wachstum und Wohlstand. Damit geht vielfach ein verstärkter Zuzug der Bevölkerung in Ballungszentren einher, ebenso wie eine wachsende globale Mittelschicht. Diese Entwicklungen fördern den Ausbau von Infrastruktur und steigern den Bedarf an Produkten, in denen Metalle und vor allem Kupfer verbaut werden. „Um es greifbar zu machen: Liegt die jährliche Pro-Kopf-Nachfrage nach Kupfer in einem Industrieland bei rund 6 kg, so kommt ein Entwicklungsland in der Regel auf nicht einmal 2 kg“, so Radowitz. „Es besteht also noch ein hohes Nachholpotenzial.“
„Jede Menge Potenzial zum Recyceln: auf ~400 Mio. t summiert sich das globale anthropogene Metalllager für Kupfer.“Lars Radowitz
Aber auch in den Industriestaaten ist der Hunger nach Metallen noch lange nicht gestillt. Trends wie Digitalisierung, E-Mobilität oder Smart Homes treiben die Nachfrage. Kupfer spielt dabei eine besondere Rolle. Es ist das Metall der Energiewende. Erneuerbare Energiesysteme brauchen laut dem Deutschen Kupferinstitut bis zu zwölfmal mehr des energieeffizienten Metalls als herkömmliche Energiesysteme.
Diese Trends werden die weltweite Metallnachfrage und -verwendung antreiben. Für Kupfer, Zinn, Nickel und Zink werden jährliche Wachstumsraten zwischen 1,5 und 4 % erwartet. Dieses Wachstum entsteht vor allem in den Bereichen Elektronik, Industrie und Automobil und befördert höhere Metallpreise. Letztlich bedeutet aber mehr verarbeitetes Metall, dass auch immer größere Mengen für Recycling zur Verfügung stehen.
Das anthropogene Metalllager wächst
Und diese Mengen mehren das sogenannte anthropogene Metalllager. Es bildet sich durch alle Metalle, die wir Menschen aus natürlichen Lagerstätten entnehmen und in Form von Infrastruktur, Gebäuden oder Gebrauchsgegenständen in unseren Wirkungsraum eingebaut haben. Für Kupfer geht das Umweltbundesamt davon aus, dass sich das globale anthropogene Lager auf bis zu 400 Mio. t summiert und damit knapp 50 % der derzeitigen geologischen Kupferreserven umfasst. Oder in einem anderen Vergleich: Rund zwei Drittel des seit 1900 produzierten Kupfers sind heute noch in Gebrauch. Je nach Verwendung steht es irgendwann wieder für das Recycling zur Verfügung. Sicher ist: Die Mengen wachsen!
Globales Recyclingpotenzial
Steigende Preise, höheres Recyclingangebot
Die Attraktivität des Recyclings steigt mit dem Preis – für Händler und Hütten. Viele Metallnotierungen stehen heute deutlich höher als Anfang der 2000er-Jahre. Kupfer beispielweise notierte damals noch unterhalb der Marke von 2.000 US$. Heute wird eine Tonne des roten Goldes an der Londoner Metallbörse für fast 6.000 US$ gehandelt. „Höhere Metallpreise bedeuten steigende Anreize, die Materialien einzusammeln und dem Recycling zuzuführen“, betont Radowitz. Langfristig wird von weiter steigenden Metallpreisen ausgegangen, so dass sich auch das Angebot an Recyclingmaterial ausweiten sollte.
Unsere Welt wird IMMER komplexer
Die Lebenszyklen heutiger Produkte werden stetig kürzer. Besonders augenscheinlich wird dies bei der Konsumelektronik. Denn welcher Fernseher wird noch älter als zehn Jahre? Nach einer Untersuchung des Öko-Instituts sind jedoch mehr als die Hälfte aller ausgetauschten TV-Geräte noch funktionstüchtig. Als Begründungen finden sich Antworten wie: zu wenige Funktionen, der Energieverbrauch oder das Nichtgefallen des aktuellen Modells. Mit jeder Produktgeneration ändert sich auch deren Zusammensetzung, da neuere, effizientere Produktionsverfahren und Legierungen zum Einsatz kommen.
So führt die Entwicklung einer immer stärker digitalisierten Gesellschaft und Industrie zu einer Vielzahl an innovativen Produkten. Beispielsweise wird die vermehrte Nutzung von elektronischen Steuerungssystemen in Fahrzeugen zu einem höheren Anfall von Edelmetallen, Zinn und Nickel im Recycling von Autos führen. „Unsere Konsumgesellschaft produziert immer mehr Recyclingmaterialien, gleichzeitig werden diese immer komplexer, sprich: Sie bestehen aus immer mehr Elementen und Verbindungen“, so Radowitz. „Das bietet Herausforderungen und Chancen für Aurubis.“
Aurubis verarbeitet Elektro- und Elektronikgeräte. Insbesondere Hochleistungsprozessoren, Steckverbindungen und elektronische Widerstände weisen einen höheren Goldanteil auf.
Lokale Aufbereitung
Altprodukte und Rückstände aus westlichen Industrieländern müssen künftig stärker lokal verarbeitet werden. Viele Entwicklungsländer, in denen Altprodukte bisher häufig manuell zerlegt wurden, reduzieren deren Import. Davon abgesehen, entspricht die Verarbeitung in diesen Ländern selten den hohen EU-Standards. Daher müssen in Europa die Recyclingkapazitäten ausgebaut und der Export von Altprodukten reduziert werden. „Frühere Exportregionen wie Europa und Nordamerika benötigen für das Recycling künftig mehr eigene effiziente und nachhaltige Lösungen. Hier sind auch die politischen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung“, so Radowitz. „Wir als Aurubis wollen hier Teil der Lösung sein.“
„Frühere Exportregionen wie Europa und Nord-Amerika benötigen für das Recycling künftig mehr eigene effiziente und nachhaltige Lösungen.“Lars Radowitz
Verantwortung rückt in den Fokus
Umweltschutz ist ein zentrales Zukunftsthema unserer Gesellschaft. Dies zeigt sich nicht nur an einem steigenden Bewusstsein in der Bevölkerung, sondern auch an strikteren Gesetzen, beispielsweise der WEEE-Richtlinie einem Standard zur Verarbeitung von Kupfer- und edelmetallhaltigen Fraktionen. Sie umfasst auch Regelungen für den Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall. Die Regulierung wirkt sich zudem positiv auf die Sammelsysteme aus und dies führt wiederum zu steigenden Mengen an elektronischem Schrott. Allerdings zeigen Sammelquoten von rund 45 %, wie bei Elektronikschrotten, dass das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist.
Steigendes Interesse an Recycling zeigen auch die Konsumgüterindustrie und die sogenannten Original Equipment Manufacturers (OEMs). Sie alle setzen verstärkt darauf, Wertstoffkreisläufe zu schließen. Zudem dringen sie auf transparente und effiziente Abfallmanagementsysteme. Denn der gesellschaftliche und politische Druck geht an keinem Teilnehmer der Wirtschaft vorbei und erfordert gemeinsame und nachhaltige Lösungen, die sich langfristig positiv auf den ganzen Recyclingmarkt auswirken.
Für Aurubis heißt das: Wachsende Mengen und gleichzeitig steigende Komplexität von Recyclingmaterialien eröffnen ein hohes Wachstumspotenzial im Recycling. „Mit unserer technischen Verarbeitungskompetenz, erstklassigen Umweltstandards und hohen Metallausbringungsraten eröffnen uns die Marktbedingungen im Recycling attraktive Chancen für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg“, so Radowitz.
Die KUPFER-WERTSCHÖPFUNGSKETTE
Kupferrecycling umfasst Material aus End-of-Life-Produkten wie Kabel und Draht oder Elektrogeräten ebenso wie das Einschmelzen von Produktionsabfällen.